[OPE-L] October Revolution and Kolonialism

From: Dogan Goecmen (dogangoecmen@AOL.COM)
Date: Sun Aug 26 2007 - 15:52:52 EDT


For German reader a short paper on October Revolution and the emancipation of kolonised people.

DG



Die sozialistische Oktoberrevolution und die Befreiung der
unterdrückten Völker





 





Doğan Göçmen













 





Die Bedeutung der
Oktoberrevolution für die Befreiung der kolonialen und halbkolonialen Völker
kann kaum überschätzt werden. Die bürgerlichen Ideologen mögen heute die große
sozialistische Oktoberrevolution als ein Akt der „Verrückten“ behandeln und die
Führer dieser größten Anstrengung in der Geschichte der Menschheit mit Hitler,
dem Produkt des Kapitalismus in seiner verfaulenden imperialistischen Phase,
vergleichen. Sie mögen ‚Schwarzbücher’ über das „Verbrechen“ dieser Revolution,
die „wahrhaftig das bedeutendste Datum der gesamten Menschheitsgeschichte ist“
(Palmiro Togliatti), schreiben. Die aristokratische Linke wie z. B. die
Europäische Linke (EL) mag in ihrem „Manifest“ in den revolutionären Versuchen
des 20. Jahrhunderts trotz der „großen Errungenschaften“ nur noch „große Niederlagen
und Tragödien“ erblicken, um sich dann sofort von dieser revolutionären
Tradition abzusetzen, damit sie beim parasitären Bürgertum Gefallen findet. Doch
die unterdrückten Völker und die Verelendeten dieser Erde empfingen aus der
sozialistischen Oktoberrevolution ein Impuls für die endliche und die lang
ersehnte Befreiung vom seit mehr als 5 Jahrhunderten andauernden Kolonialismus
und der imperialistischen Unterdrückung. Auf dieses revolutionäre Erbe darf
auch heute trotz der so genannten „Tragödien“ und der „Niederlagen“ eben gerade
auch aus der Sicht der unterdrückten Völker nicht verzichtet werden. Warum?





 





 





 





Die historische und geopolitische Bedeutung





 





Wie Rosa Luxemburg in ihrem Vorlesungsmanuskript
„Einführung in die National Ökonomie“ (GW 5) überzeugend darstellt, ist die Geschichte
des Kapitalismus zugleich die Geschichte der Kolonialisierung der
außereuropäischen Länder und Völker. Bis 1914 war die Aufteilung und
Wiederaufteilung der Welt unter imperialistischen Mächten abgeschlossen. Die
Welt wurde in der Hand von nur ein Paar imperialistischen Ländern in ein Regime
des kolonialen und halbkolonialen Systems verwandelt. Um eine Vorstellung von
der unterdrückerischen Dimension dieses Regimes zu machen, genügt es, sich in
Erinnerung zu rufen, dass es in 1939 auf dem ganzen afrikanischen Kontinent nur
ein einziges (toleriertes) unabhängiges Land (Äthiopien) gab. Selbst in 1950,
so berichtet uns die Staatsbürgerkunde
der DDR (10), war die Zahl der unabhängigen
Länder auf dem schwarzen Kontinent gerade mal 3. Auf dem amerikanischen Kontinent
gab es zwar bereits nach dem ersten Welt Krieg viele unabhängige Republiken,
aber dort herrschte seit 1823 die so genannte Monroe Doktrin, worin die USA ihr
alleiniges Okkupationsrecht auf dem amerikanischen Kontinent behauptete. Und
die Geschichte Chiles zeigt geradezu beispielhaft wie weit das Recht auf
Selbstbestimmung der unabhängigen Länder aus der Sicht der USA gehen durfte. Der
ehemalige US-Außenminister Henry Kissinger, der höchst persönlich an der
Vorbereitung des faschistischen Putschs von Pinochet beteiligt war, rechtfertigte
dies mit der Aussage, dass man nicht zusehen könne, wenn ein Volk
"unvernünftig" (lese: verrückt) geworden sei.  In den 1980er Jahren wuchs die Zahl der vom Kolonialismus
befreiten Länder in Afrika auf etwa 90 und schon in den 1970er Jahren waren die
Kontinente Asien und Lateinamerika frei von Kolonialismus alten Stilles.





 





Dass das koloniale System so
schnell zusammenbrechen konnte, verdanken die unterdrückten Völker der Existenz
der Sowjetunion. Seitdem es Kolonien gab, gab es auch immer Befreiungskämpfe. Ihre
Kämpfe mündeten aber fast immer in Ausweglosigkeit. Die Befreiung von einer
Kolonialmacht trieb sie in die Hand der anderen. Dass Mkwawa, der Führer des
Befreiungskampfes in Tansania gegen die deutsche Kolonialmacht, sich angesichts
der empfundenen Ohnmacht selbst erschoss, ist kein Zufall. Und dass die Krieger
der Maji-Maji-Rebellion von 1907 glaubten, dass das Trinken des ‚heiligen
Wassers’ sie gegen die Kugeln der Kolonialarmee immun mache, ist sicherlich
nicht nur auf ihr Aberglaube oder ihre Naivität zurückzuführen, wie eine
eurozentristische Interpretation es nahe legen würde, sondern vielmehr auf
angesichts der gefühlten Ohnmächtigkeit gegenüber der Kolonialmacht ins
Mystische gesteigerten Wunsch nach Unabhängigkeit und Freiheit.





 





Die sozialistische
Oktoberrevolution war auch eine Antwort auf diese Ohnmächtigkeit der unterdrückten
Völker. Sie hatten jeden Grund, die Verkündung der Volkskommissare wörtlich zu
nehmen: „Auf unseren Bannern tragen wir die Befreiung für die unterdrückten
Völker der Welt“ lautete es in ihrem von Lenin unterzeichneten und vor allem an
die muslimischen Völker gerichteten Aufruf vom 22. November 1917. Die neue
imperialistische Großmacht auf der weltpolitischen Bühne, die USA, war eine der
ersten imperialistischen Mächte, die dies zugeben musste, als sie u. a. wegen
der deutschen Pläne, das Kolonialsystem etwa bis Mitte des 21. Jahrhunderts
fortzusetzen, nach dem zweiten Weltkrieg erklärte, die Fortsetzung des
Kolonialsystems werde die kolonialisierten Länder in die Arme der Sowjetunion
treiben.





 





Die Perspektive: Nationale Befreiung und/oder Sozialismus





 





Zunächst zwei biographische
Notizen. Erstens, Nazim Hikmet, der bekannte kommunistische Dichter aus der
Türkei, schwärmte einmal als etwa 17 jähriger (1919/20) von den Idealen der
großen französischen Revolution. Ein enger Freund soll ihm gesagt haben‚ er
solle nicht tief in die Geschichte zu den bürgerlichen Revolutionen für
revolutionäre Inspirationen gucken, sondern er brauche nur in Anschein zu
nehmen, was vor seiner Nase in Russland stattfinde, nämlich eine neuartige,
sozialistische Revolution. Zweitens, Frantz Fanon, einer der führenden Köpfe
der algerischen Befreiung, war schwer an Leukämie erkrankt. Die medizinische
Behandlung war in Afrika zwar möglich, aber nicht viel versprechend. Er konnte
dort deshalb nicht auf eine erfolgreiche Behandlung hoffen. Europa kam für ihn
schon aus objektiven Sicherheitsgründen nicht in Frage. Wegen der dort
herrschenden rassistischen Politik lehnte er ab, in die USA zu reisen. Obwohl
er weder ein Marxist noch ein Sozialist war – er wollte zunächst nur sein Land
aus der kolonialen Unterdrückung befreien, damit es Respektiert werde -, hat er
das Angebot der Sowjetunion gerne angenommen und sich 1961 in Moskau behandeln lassen.





 





Was verdeutlichen diese knappen
biographischen Notizen? Sie mögen sich auf ersten Blick als zwei kleine zu
vernachlässigenden Anekdote lesen. Doch der Schein trügt auch in diesem Falle. Diese
biographischen Notizen von zwei Intellektuellen aus der Türkei und Algerien
machen zwei Perspektiven deutlich, die die Sowjetunion den unterdrückten bzw.
kolonialisierten Ländern ermöglichte: Die Länder, die sich aus dem
imperialistischen Kolonialsystem befreien, können über den nichtkapitalistischen
Weg zum Sozialismus voranschreiten oder sich lediglich zunächst auf die nationale
Befreiung beschränken. In jedem Falle konnten sie mit der solidarischen
Unterstützung der Sowjetunion rechnen. Es ist nur vor diesem Hintergrund
verständlich, warum die ganze so genannte „Dritte Welt“, während Chruschtschow das
Erbe Stalins zu demontieren suchte und die imperialistische Welt dies als
Anlass nahm, die antikommunistische Propaganda auf die Spitze zu treiben,
trauerte als die Nachricht von Stalins Tod um die Welt ging. Selbst Eric
Hobsbawm, dem wahrlich kein „Stalinismus“ vorgeworfen werden kann, muss trotz
aller Geringschätzung anerkennen, dass in dem Befreiungskampf der unterdrückten
Völker neben Lenins Imperialismus (The
Age of Empire 1875 – 1914, S. 60) Stalins Marxismus
und Nationalitätenfrage den größten Einfluss geübt hat (Nationen und
Nationalismus, S. 12).





 





Nazim Hikmet erkannte bald die
Grenzen der bürgerlichen Revolution und wurde Kommunist – Marxist-Leninst. Sein
Land wurde zwar nicht sozialistisch, aber viele andere Länder gingen diesen
Weg. Frantz Fanon wurde zwar nicht sozialistisch, aber sein Land erkämpfte nicht
zuletzt dank der Unterstützung der Sowjetunion die Unabhängigkeit. Nicht nur
Algerien erhielt zur Sowjetunion freundschaftliche Beziehungen. Im Gegenteil
viele der so genannten blockfreien Länder, die sich vom Joch des
imperialistischen Kolonialismus befreiten, verstanden sich in einer oder
anderer Form als sozialistisch oder auf dem Wege zum Sozialismus. Was die
aristokratische Linke auch erzählen mag, die unterdrückten Völker haben jeden
Grund, auf dieses Erbe der Oktoberrevolution stolz zu sein. Denn es ist
zugleich die Geschichte ihrer Befreiung vom Kolonialismus.





 





Der Rückfall in die Barbarei oder wie weiter?





 





Julius Kambarga Nyerere, Tansanias
erster Präsident nach der Unabhängigkeit, der in Afrika als der Weise bzw.
Lehrer genannt wurde, stellte deshalb unmittelbar nach dem Zusammenbruch der
Sowjetunion fest, dass die größten Verlierer dieses Zusammenbruchs die so
genannten Länder der „Dritten Welt“ sind, weil sie damit jene Freiheit verloren
haben, die die Sowjetunion ihnen gegenüber der imperialistischen Länder
ermöglichte. Nyerere, der trotz des Zusammenbruchs des sozialistischen Systems
an seine sozialistischen Zielen festhielt, wusste als Kenner der Leninschen
Theorie des Imperialismus genau, was das für die Völker der vormaligen Kolonien
und Halbkolonien bedeutete. Eine der Schlussfolgerungen, die Lenin nach seiner
Analyse des Imperialismus zog, ist, dass die Aufteilung und Wiederaufteilung
der Welt unter den imperialistischen Länder einer der Wesenzügen des
Imperialismus sei und selbst die hoch industrialisierten Länder davor nicht sicher
seien. Und nach dem Zusammenbruch des sozialistischen Systems ließ es nicht
langer auf sich warten bis die imperialistischen Länder wie vom Zaun
gebrochenen Wölfe sich über die ökonomisch und geostrategisch wichtigen Länder
her machten. Zunächst die Zerschlagung und Okkupation von Yugoslawien, die
Besetzung Afghanistans und schließlich Irak. Es ist allgemein bekannt, dass
Iran, Syrien und selbst China auf dem Plan stehen. Der afrikanische Kontinent
wird wieder Stück um Stück der Willkür der imperialistischen Mächte
unterworfen. Im Pentagon gibt es bereits Pläne, wie „postkoloniale
Kolonialisierung“ aussehen könnte. Es ist deshalb nicht zufällig, dass die
Menschen in allen Ländern sich wieder an Luxemburgs Diktum „Sozialismus oder
Barbarei“ erinnert fühlen. Die Völker der vormalig kolonialisierten Länder sind
wieder in die Barbarei eines neuartigen Kolonialismus gestürzt worden. Nur der
Sozialismus, der aus den Erfahrungen der Oktoberrevolution und Fehlern und
Errungenschaften des Aufbaus der sozialistischen Gesellschaft fähig ist zu
lernen, wird in der Lage sein, die Völker aus der Barbarei herauszuholen in eine
humane und solidarische Gesellschaft und Völkergemeinschaft.


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