Re: [OPE-L] Plekhanov on Marx's Philosophy (German)

From: Dogan Goecmen (Dogangoecmen@AOL.COM)
Date: Sat Jan 20 2007 - 16:42:48 EST


 
Sorry. Lenin says Plekhanov's  presentation of Marx's philosophy is the best 
one in international  Marxism.

 
 
 
 
 
 
Marx mit seinen Quellen  studieren! 

Plechanow sieht in der  Marxschen Philosophie die Fortsetzung und 
Weiterentwicklung Hegels "Algebra  der Revolution" 

Doğan  Göçmen 
Hier zu Lande wird G. W. Plechanow als Gründer  des russischen Marxismus im 
besten Falle als eine äußere Erscheinung  wahrgenommen, der mit dem Marxismus 
und Arbeiterbewegung in Deutschland kaum  direkt in Verbindung steht. Doch 
Plechanow war immer ein innerer Bestandteil  der marxistischen Bewegung in 
Deutschland. Er hat etwa wie Lenin die  revisionistischen Tendenzen in der 
sozialdemokratischen Bewegung in  Deutschland - zumindest vom philosophischen Standpunkt 
- immer scharf  attackiert. Neben den vielen ins Deutsche übersetzten 
Arbeiten, verfaßte er  viele Schriften auf Deutsch, um in die theoretischen Debatten 
in der  Sozialdemokratie direkt einzugreifen. So verfaßte er z. B. neben 
vielen  Schriften, die Teilweise in dem Band „Eine Kritik unserer Kritiker. 
Schriften  aus den Jahren 1898 bis 1911“_[1]_ (aoldb://mail/write/template.htm#_ftn1) 
 dokumentiert sind, sein Buch „Beiträge zur  Geschichte des Materialismus“
_[2]_ (aoldb://mail/write/template.htm#_ftn2)  auf Deutsch, das erst viel später 
auf Russisch  herausgegeben wurde. Georgi Walentinowitsch Plechanow 
(1856-1918) wirkte also  immer direkt und indirekt auf die sozialdemokratische Bewegung 
in  Deutschland. 
Die beste Darlegung des  Marxismus 
W. I. Lenin (1870-1924) gehörte nach 1902 bzw.  1903 zu den schärfsten 
Kritikern Plechanows. Doch Lenins differenzierte  Haltung mag auch heute ein 
Beispiel kommunistischer Ethik liefern. Seine  prinzipielle Kritik an Plechanow 
betrifft den Widerspruch zwischen seiner  revolutionären Philosophie und 
reformistischen Politik, die er als führender  Theoretiker der Menschewiki 
verfolgte._[3]_ (aoldb://mail/write/template.htm#_ftn3)  Lenin hat deshalb das Verhältnis 
zwischen  Plechanows philosophischer Haltung und politischem Wirken als „
Radikalismus in  der Theorie“ und „Opportunismus in der Praxis“ bezeichnet. (LW 21 
90) Seine  reformistische politische Haltung nahm Lenin als Anlaß, ihm sogar 
Verrat „an  der Sache des Sozialismus“ vorzuwerfen. (LW 21 95) 
Doch trotz aller Kritik stellte Lenin fest, daß  kein Fraktionsgeist dazu 
führen dürfe, Plechanows Leistungen zu  ignorieren._[4]_ 
(aoldb://mail/write/template.htm#_ftn4)  Er hat deshalb Plechanows theoretisches Werk  sowohl in 
seiner Lebzeit als auch nach seinem Tode öffentlich gewürdigt. Lange  nach 
Plechanows Übergang zu den Menschewiki schrieb Lenin 1914: „Die beste  Darlegung der 
Philosophie des Marxismus und des historischen Materialismus  stammt von G. W. 
Plechanow.“ (LW 21 75) Drei Jahre nach Plechanows Tod hielt  er es für nötig, 
die jungen Parteimitglieder aufzufordern, „alles, was  Plechanow über 
Philosophie geschrieben“ habe zu studieren. Denn Plechanows  philosophisches Werk sei „
das Beste in der ganzen internationalen  marxistischen Literatur“ und ohne 
ein solches Studium könne man kein „wahrer Kommunist“ werden. (LW 32  85) 
Marx mit seinen Quellen  studieren! 
Lenin betont das Wort „studieren“ und meint, daß  man von Plechanow lernen 
könne, wie Marx mit seinen Quellen studiert werden  müsse. Wenn man Plechanow 
kritisieren will, so ist das ein leichtes Spiel.  Wenn man sich um eine 
selbständige Interpretation der Quellen des Marxismus  bemüht, wird man bei Plechanow 
heute aus gewachsener Forschung viele  Ungenauigkeiten feststellen. So sind 
bspw. seine Kommentare zu den utopischen  Sozialisten höchst einseitig. Das 
Prinzip aber, das Plechanow in seinem  Artikel „Zu Hegels sechzigsten Todestag“ 
formuliert hat – „Wer wirklich lernen  will, kann von Hegel viel lernen“_[5]_ 
(aoldb://mail/write/template.htm#_ftn5)  -, gilt auch für Plechanow. 
Plechanow hat wie kein anderer unter seinen  Zeitgenossen alle 
philosophischen Quellen Marxens zu erschließen gesucht. Das  ist auch der Grund, warum seine 
philosophischen Arbeiten selbst aus heutiger  Sicht zu den besten gehört, die 
die marxistische Bewegung hervorgebracht hat.  Wie Lenin richtig bemerkt hat, 
haben die jenigen Schüler Marxens wie  Plechanow, die nicht zu Kant, sondern 
zum vormarxschen Materialismus und zum  Hegelschen Idealismus zurückgegangen 
sind, „haben eine bemerkenswert  geschlossene und wertvolle Darlegung des 
dialektischen Materialismus  geliefert, sie haben gezeigt, daß er das gesetzmäßige 
und unvermeidliche  Produkt der ganzen neueren Entwicklung der Philosophie und 
 Gesellschaftswissenschaft ist.“ (LW 4 72) 
Plechanow hat nicht nur die Werke des  vormarxschen materialistischen 
Philosophen, die der deutschen Idealisten und  die der utopischen Sozialisten 
rezipiert, sondern auch die ganze neuere  Literatur über Natur-, Gesellschafts-, 
Geschichtswissenschaften, Philosophie  und Kunst herangezogen, um zu zeigen, daß 
ein wirklicher Fortschritt auf dem  Gebiet der Wissenschaften, Philosophie und 
insbesondere in der Organisation  der Gesellschaft nur auf Grundlage des 
dialektischen und historischen  Materialismus erzielt werden kann._[6]_ 
(aoldb://mail/write/template.htm#_ftn6)  
Der vormarxsche  Materialismus 
Der vormarxsche Materialismus stammt vom  englischen Materialismus, dessen 
vorläufiger Höhepunkt John Lockes (1632-1704)  deistischer Erkenntnistheorie 
darstellt. Der Verdienst des englischen  Materialismus besteht darin, daß er die 
theologische Erklärung der Welt und  der Gesellschaft durch eine diesseitige 
Erklärung ersetzte. Er tut dies aber  auf einer verschämten Weise. In seinem 
philosophischen Hauptwerk „An Essay  concerning Human Understanding“ (1689) 
schifft z. B. Locke will die Frage, ob  das Denken eine Form und Funktion der 
Matrie sei, nicht antasten und nimmt auf  höchst problematischerweise Leere im 
Raum an, um die Vorstellung Gottes auf  einem Umweg wieder in die 
Erkenntnistheorie einzuführen. 
Die Französischen Materialisten, denen  Plechanows hauptsächliche 
Aufmerksamkeit gilt, waren bemüht, die Paradoxien  von Lockes Erkenntnistheorie zu 
beseitigen und eine konsistent  materialistische Erkenntnistheorie zu entwickeln. 
Der schottische Philosoph  David Hume (1711-1776) wollte diese Paradoxien Lockes 
dadurch aus dem Weg  gehen, indem er die Existenz des Wesens gänzlich 
verneinte. Kant verneinte  zwar nicht die Existenz des Wesens, aber seine 
Erkennbarkeit. Die  französischen Materialisten hingegen verneinen weder die Existenz des 
Wesens  noch ihre Erkennbarkeit. Sie verweisen nur darauf, daß man 
gegenwärtig nicht  über die Mittel verfüge, mittels deren das Wesen erkannt werden 
könne. In  seinen philosophiehistorischen Arbeiten, vornämlich in „Zur Frage der  
Entwicklung der monistischen Geschichtsauffassung“ und „Beiträge zur  
Geschichte des Materialismus“ ist Plechanow bemüht, gegen jene, die die  
Erkenntnistheorie der französischen Materialisten mit der von Kant gleich zu  setzen 
suchten, diesen Unterschied hervorzuheben. 
Die französischen Materialisten, Plechanow  deutet vor allem auf d’Holbach 
(1723 – 1789) und Helvétius (1715 – 1771) als  die besten Vertreter dieser 
Philosophie, bekämpfen die Behauptung, „dem Mensch  seien gewisse angeborene, das 
heißt  von der Erfahrung unabhängige, Ideen eigen.“_[7]_ 
(aoldb://mail/write/template.htm#_ftn7)  Sie setzen gegen diese Behauptung die These,  daß die 
Ideen der Menschen durch ihre natürliche und soziale Umwelt bestimmt  werden. Es 
gibt also keine eingeborenen Ideen. Im Gegenteil: „Die psychische  Tätigkeit 
von diesem Standpunkt aus zu betrachten heißt alle Vorstellungen,  alle Begriffe 
und Gefühle des Menschen als Ergebnis einer Einwirkung der Umwelt auf ihn  
anzusehen. Und so betrachteten die französischen Materialisten diese Frage.  Sie 
erklärten unausgesetzt sehr entschieden und völlig kompromißlos, der  Mensch 
mit all seinen Ansichten und Gefühlen sei das, was die Umgebung, das  heißt 
erstens die Natur, zweitens  die Gesellschaft, aus ihm  mache.“_[8]_ 
(aoldb://mail/write/template.htm#_ftn8)  
Die Grundlage der Erkenntnistheorie der  französischen Materialisten ist ihre 
materialistische Naturauffassung. In  ihrer Erklärung der Naturerscheinungen 
ersetzt das Prinzip, wie bspw.  d’Holbach zu sagen pflegte, „die Natur bringt 
[...] Wirkung hervor“_[9]_ (aoldb://mail/write/template.htm#_ftn9)  die 
theologische Erklärung, Gott bringe  Wirkungen hervor. Er hat in „Système de la 
nature“ (1770) darauf hingewiesen,  daß diese Ausdrucksform nicht im Sinne der 
Personifizierung der Natur zu  verstehen sei. Der Begriff „Natur“ sei „ein 
abstraktes Ding“ und die  „Wirkung“, von der er spreche, sei „das notwendige 
Resultat der  Eigentümlichkeiten irgendeines der Dinge“ [...], die das große 
Ganze bilden,  das wir sehen.“_[10]_ (aoldb://mail/write/template.htm#_ftn10)   
Nun verweist Plechanow kritisch darauf, daß die  materialistische 
Interpretation der Natur nicht notwendigerweise zu einer  materialistischen 
Interpretation der Geschichte führen müsse. Denn wenn die  französischen Materialisten 
richtig feststellen, daß die Menschen Produkt  ihrer natürlichen vor allem aber 
ihrer gesellschaftlichen Umgebung sind,  müßten sie eigentlich schlußfolgern, 
daß die gesellschaftlichen Verhältnisse  verändert werden müsse, um das Böse in 
den Menschen zu vernichten. Dies würde  eine eingehende Analyse der 
gesellschaftlichen Verhältnisse erfordern. Diese  Analyse müßte dann darlegen wie die 
Veränderungen in der Geschichte aus den  Veränderungen der materiellen 
gesellschaftlichen Verhältnisse hervorgehen. Sie  ziehen aber diese Schlußfolgerung 
nicht. Im Gegenteil sie verweisen lediglich  auf die Ideengeschichte und 
Erziehung als Ursache der Geschichte. Diese  Haltung führe im besten Falle zu der 
Antinomie, daß die Menschen Produkt ihrer  Verhältnisse seien und daß die Ideen 
auf diese Verhältnisse zurückwirken. Aber  was ist das Bestimmende und wie 
wirken die Ideen auf die gesellschaftlichen  Verhältnisse zurück? Ist die 
Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse  ein volantaristisches Akt oder gibt es 
objektive Bedingungen, ohne deren  Erfüllung gesellschaftliche Veränderungen 
nicht eintreten können? 
Der dialektische  Idealismus 
Es ist diese Antinomie, deren Lösung der  deutsche Idealismus sich zur 
Aufgabe macht. Dabei verweist er auf die  Hegelsche dialektische Philosophie, wenn 
er vom deutschen Idealismus spricht.  Nach Plechanow ist die Hegelsche 
Philosophie der Höhepunkt und Abschluß des  deutschen Idealismus. Deshalb muß die 
Marxsche Philosophie als Erbe des  deutschen Idealismus von diesem Höhepunkt aus 
betrachtet werden. Jeder  Versuch, die Marxsche Philosophie durch einen 
Rückgriff auf Kants (1724-1804)  dualistische Philosophie zu verstehen und zu 
bereichern, ist von vorne herein  zum Scheitern verurteilt. Denn sie kennt nur 
abstrakte Gegensätze, z.B.  zwischen Sein und Bewußtsein bzw. Notwendigkeit und 
Freiheit. Dabei war es  gerade Leibniz (1646-1716), der gezeigt hat, wie die 
Kategorien von  Notwendigkeit und Freiheit dialektisch als dialektische Einheit zu 
denken  sind. Sie ist darüber hinaus im Gegensatz zum Hegelschen Idealismus, 
der eine  „Algebra der Revolution“ sei, eine Philosophie der Kompromiße nicht 
der  Kämpfe._[11]_ (aoldb://mail/write/template.htm#_ftn11)  Sie führe im 
besten Falle zu der Maxime „leben  und leben lassen“, wie es in Fichtes 
(1762-1814)  subjektivistisch-aktionistischer Philosophie zum Ausdruck kommt. Aus 
Hegels  Sicht genügt dieses Toleranzprinzip, das nicht mehr ist als gegenseitiges  
Dulden, nicht, die Natur der gesellschaftlichen Verhältnisse zu verstehen. Es  
muß vielmehr über die Gründung einer Gesellschaft nachgedacht werden, in der  
das Prinzip der gegensetigen Anerkennung und respekt zur Geltung  kommt. 
Die vorhegelsche Philosophie, namentlich die  Franzosische, war bis zu dem 
Prinzip vorgedrungen, daß alles mit allem  zusammenhängt und alles auf alles 
zurückwirkt. Das ist sicherlich ein großer  Fortschritt gegenüber dem Dualismus. 
Aber vom dialektischen Ansatz konnte sich  Hegel (1770-1831) mit dieser zum 
Relativismus neigenden Haltung nicht  zufrieden geben. Er mußte nach einem „
Dritten“ bzw. „Höheren“ als bestimmendes  Bewegungsprinzip suchen, was Hegel dazu 
veranlaßt die Dialektik, d. h. die  Idee des Widerspruchs und Fortschritts 
konsequent auf alle Gebiete anzuwenden.  Darin sieht Plechanow die revolutionäre 
Kraft der Hegelschen Philosophie, die  von Naturphilosophie über Logik bis 
zur Gesellschaftstheorie alles  revolutioniert habe._[12]_ 
(aoldb://mail/write/template.htm#_ftn12)  
Angewandt auf Natur und Gesellschaft bedeutet  dies, daß sowohl die Natur als 
auch die Gesellschaft in ihren materiellen und  moralischen Verhältnissen 
Sprünge macht. Diese Sprünge sind Knotenpunkte, die  sowohl in der Natur- als 
auch Gesellschaftsgeschichte als Ergebnis der  allmählichen Entwicklung zum 
Vorschein kommen. Die Entwicklung geht also  stufenweise vom Niederen zum Höheren 
unaufhaltsam voran, die keine auch so  große konservative Kraft aufhalten kann. 
Sie wird früher oder später durch die  Wucht dieser dialektischen Entwicklung 
weggespült._[13]_ (aoldb://mail/write/template.htm#_ftn13)  Deshalb ist Hegel 
durchaus berechtigt „die  Dialektik„ als „das Prinzip jedes Lebens“ 
aufzufassen_[14]_ (aoldb://mail/write/template.htm#_ftn14)  und aus diesem Grunde 
verdient seine  Philosophie die „Algebra der Revolution“ genannt zu werden. Aber 
umso mehr  verdient die Marxsche Philosophie als Erbin der Hegelschen 
Dialektik diese  Bezeichnung, weil sie im Gegensatz zu Hegelschen vermocht hat, die 
Dialektik  konsequent auf gesellschaftliche Entwicklung anzuwenden. Mit anderen 
Worten,  obwohl Hegel viele geschichtsphilosophische Fragen theoretisch 
Bewältigt hat,  hat er es nicht vermocht, die oben formulierte Antinomie zu lösen, 
weil er das  „Dritte“ bzw. das „Höhere“ in der absoluten Idee gesucht hat. 
Er setzte also  gegen die Antinomie, die Umstände bestimmen die Menschen und 
die Ideen  regieren die Welt, das Prinzip, die Vernunft regiere die Welt, obwohl 
er  durchaus anerkennt, daß die politische Ökonomie „dem Gedanken Ehre macht, 
weil  sie zu einer Masse von Zufälligkeiten die Gesetze findet.“_[15]_ 
(aoldb://mail/write/template.htm#_ftn15) . 
Die Algebra der  Revolution 
Aber diese „philosophische Bewältigung der  Wirklichkeit“ durch Hegel, um 
einen Ausdruck von Hans Heinz Holz zu  gebrauchen, vermittelt der „praktischen 
Philosophie eine völlig  neue, unerschütterliche Grundlage“._[16]_ 
(aoldb://mail/write/template.htm#_ftn16)  Worin besteht nun der Verdienst Hegels? Er  
besteht darin, „daß er alle gesellschaftlichen Erscheinungen in ihrer  
Entwicklung, das heißt in ihrem Entstehen und Vergehen betrachtete.“_[17]_ 
(aoldb://mail/write/template.htm#_ftn17)  Konkret bedeutet dies, daß das dialektische  
Denken die traditionelle Dichotomie zwischen „Sein und Sollen“, zwischen „was  ist“
 und „was wird“ beseitigt und somit „jede Utopie“ auschließt, weil sie die  
Veränderung, d. h. „was wird“ aus der immanenten Analyse und Kritik des „was 
 ist“ gewinnt, anstatt sich von irgendwelchen Idealen wie Gerechtigkeit  
verleiten zu lassen, wie es bspw. Proudhon (1809-1865) vertrat. In der  durchaus 
berechtigten materialistischen Kritik Feuerbachs (1804-1872) an  Hegel, so 
Plechanow, gehe diese Dialektik verloren._[18]_ 
(aoldb://mail/write/template.htm#_ftn18)  Der moderne Materialismus hingegen, wie er von  Marx und Engels 
entwickelt wurde, „von jedem Extrem“, d. h. von der abstrakten  Entgegensetzung von 
Kategorien frei und wende die Leibnizsch-Hegelsche  Dialektik von 
Notwendigkeit und Freiheit auf Geschichte. Er weiß deshalb: „Aus  dem, was ist und was im 
Ableben  begriffen, [...] auf das was wird, zu schließen.“_[19]_ 
(aoldb://mail/write/template.htm#_ftn19)  Dieser revolutionäre Vorgang muß begriffen  
werden, warum Engels im Unterschied zum „utopischen Sozialismus“ das von Marx  
und ihm entwickeltes Konzept des Sozialismus „wissenschaftlich“ genannt hat,  
was seit einigen Jahren, ohne es annährend zu begreifen, so oft kritisiert  
wird. 
Dieser neuer Vorgang, erfordert, daß die  materiellen gesellschaftlichen 
Verhältnisse verallgemeinernd, d. h. in  Begriffe fassend kritisch analysiert 
werden muß, um die immanenten Tendenzen  dieser Verhältnisse darzustellen. Das ist 
der Grund, warum Marx sich  allmählich zur Kritik der politischen Ökonomie 
zuwendet. Nach abermaliger  Auseinandersetzung mit der Hegelschen Philosophie, 
insbesondere mit der  „Rechtsphilosophie“ kommt Marx in dem berühmten „Vorwort“
 „Zur Kritik der  politischen Ökonomie“, dessen eingehendes Studium 
Plechanow zufolge die  Vorausetzung für das Begreifen des „Kapital“ ist, zum dem 
Schluß: „Meine  Untersuchung mündete in dem Ergebnis, daß Rechtsverhältnisse wie 
Staatsformen  weder aus sich selbst zu begreifen sind noch aus der sogenannten 
allgemeinen  Entwicklung des menschlichen Geistes, sondern vielmehr in den 
materiellen  Lebensverhältnissen wurzeln“ und deshalb „die Anatomie der 
bürgerlichen  Gesellschaft in der politischen Ökonomie zu suchen sei.“  (MEW 13, 8) 
Die materialistische Deutung der  Rechtsverhältnisse und Staatsformen von 
Marx kann gerade heute, wo die  sozialistischen Kräfte sich programmatisch 
neuorietieren, nicht genug  hervorgehoben werden. Denn gerade heute, wo die 
materiellen Bedingungen für  eine grundsätzliche Veränderung der Eigentumsverhältnisse 
mehr als gereift  sind, müssen die sozialistischen Programme folgender 
Feststellung Marxens  Rechnung tragen: „Die bürgerlichen Produktionsverhältnisse 
sind die letzte  antagonistische Form des gesellschaftlichen 
Produktionsprozesses,  antagonistisch nicht im Sinn von individuellen Antagonismus, sondern eines 
aus  den gesellschaftlichen Lebensbedingungen der Individuen hervorwachsenden  
Antagonismus, aber die im Schoß der bürgerlichen Gesellschaft sich  
entwickelnden Produktivkräfte schaffen zugleich die materiellen Bedingungen  zur Lösung 
dieses Antagonismus. Mit dieser Gesellschaftsformation schließt  daher die 
Vorgeschichte der menschlichen Gesellschaft ab.“  (MEW 13, 9) 

 
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_[1]_ (aoldb://mail/write/template.htm#_ftnref1)  G. W. Plechanow, Eine 
Kritik unserer Kritiker.  Schriften aus den Jahren 1898-1911, hrsg. Erika Mieth, 
Dietz Verlag,  1982.
 
_[2]_ (aoldb://mail/write/template.htm#_ftnref2)  G. W. Plechanow, Beiträge 
zur Geschichte des  Materialismus, Verlag für Fremdsprachige Literatur, Moskau, 
 1940.
 
_[3]_ (aoldb://mail/write/template.htm#_ftnref3)  Über die Grundrichtungen, 
Bolschewiki und Menschewiki,  in der russischen Sozialdemokratie vgl. 
Bolschwismus und Reformismus, Verlag  Progress, Mokau, 1978.
 
_[4]_ (aoldb://mail/write/template.htm#_ftnref4)  Über Plechanows politischer 
und philosophischer  Werdegang, seine Lostrennung von den Narodniki, den 
Volkstümlern, und der  eventuellen Gründung der „Befreiung der Arbeit“ im Jahre 
1883 vgl. W. A.  Fomina, Die philosophischen Anschauungen G. W. Plechanows, 
Dietz Verlag, 1957.  Lenin hat die Volkstümlerrichtung z. B. in seinem Buch „Was 
sind die  ‚Volksfreunde’ und wie Kämpfen sie gegen die Sozialdemokratie?“ 
einer  marxistischen Kritik unterzogen. (Vgl. LW 1 118-338)
 
_[5]_ (aoldb://mail/write/template.htm#_ftnref5)  G. W. Plechanow, Zu Hegels 
Sechzigstem Todestag,  Arbeiterkulturverlag, Düsseldorf, 1978, S. 10.
 
_[6]_ (aoldb://mail/write/template.htm#_ftnref6)  Wie umfassend Plechanows 
Forschungsprogramm angelegt  war und wie er es auf höchst Bewundernsweise 
bewältigte, kann am besten in  seinem Büchlein „Grundprobleme des Marxismus“ 
nachgelesen werden. (Dietz  Verlag, Berlin, 1958.) 
 
_[7]_ (aoldb://mail/write/template.htm#_ftnref7)  G. W. Plechanow, Zur Frage 
der Entwicklung der  monistischen Geschichtsauffassung, Dietz Verlag, 1956, S. 
15
 
_[8]_ (aoldb://mail/write/template.htm#_ftnref8)  Ebenda, S. 16.
 
_[9]_ (aoldb://mail/write/template.htm#_ftnref9)  D’Holbach, System der 
Natur, Aufbau-Verlag, Berlin,  1960, S. 18.
 
_[10]_ (aoldb://mail/write/template.htm#_ftnref10)  Ebenda, S. 17-18.
 
_[11]_ (aoldb://mail/write/template.htm#_ftnref11)   Fundamental Problems of 
Marxism, S. 94.
 
_[12]_ (aoldb://mail/write/template.htm#_ftnref12)  Vgl. über Logik 
Plechanows kurzen Artikel „Dialektik  und Logik“, in „Fundamental Problems of Marxism“
, Lawrence & Wishart,  1941, S. 111-123.
 
_[13]_ (aoldb://mail/write/template.htm#_ftnref13)  Vgl. zu diesem 
Themenkomplex and entsprechenden  Quellenhinweise Plechanows Aufsatz „Sudden Changes in 
Nature and History“, in  ebenda, S: 97-109 und Zur Frage der Entwicklung der 
monistischen  Geschichtsauffassung, S. 81-132.
 
_[14]_ (aoldb://mail/write/template.htm#_ftnref14)  G. W. Plechanow, Zur 
Frage der Entwicklung der  monistischen Geschichtsauffassung, Dietz Verlag, 
Berlin, 1956, S.  84.
 
_[15]_ (aoldb://mail/write/template.htm#_ftnref15)  G. W. F. Hegel, 
Grundlinien der Philosophie des  Rechts, in Werke 7, Suhrkamp Verlag, 1970, S. 347.
 
_[16]_ (aoldb://mail/write/template.htm#_ftnref16)  Zur Frage der Entwicklung 
der monistischen  Geschichtsauffassung, S. 124.
 
_[17]_ (aoldb://mail/write/template.htm#_ftnref17)  Zu Hegels Sechzigstem 
Todestag, S.  10.
 
_[18]_ (aoldb://mail/write/template.htm#_ftnref18)  Fundamental Problems of 
Marxism,  S.25.
 
_[19]_ (aoldb://mail/write/template.htm#_ftnref19)  Zu  Hegels Sechzigstem 
Todestag,  S. 28.





 


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