Sekonic L-6 08

 

Es gibt einige Seiten im Web, auf denen der Sekonic genau beschrieben wird. Ich werde das dort gesagte nicht wiederholen, sondern möchte hier erklären, warum ich von meinem bewährten Gossen Spotmaster zum Sekonic L-608 gewechselt habe, und wie ich den zu einem tollen Preis gekriegt habe.

Als ich meine erste Hasselblad kaufte, musste ich mir auch den Kauf eines Handbelichtungsmessers überlegen. Nach Jahren mit Canon Kameras mit eingebauter Belichtungsmessung waren die Handgeräte meines Vaters im Keller verstaubt; als ich sie jetzt wieder hervorkramte, fand ich sie ungenau, oder gar nicht benutzbar.

Ein Freund bot mir einen günstigen Gossen Spotmaster an, und ich nahm ihn dankbar. Bald hatte ich mich daran gewöhnt, beim Belichtungsmessen wie ein Pistolenschütze auszusehen. Dass alle Messwerte im Sucher (und sonst nirgends) zu sehen waren, gefiel mir ebenso wie die Möglichkeit, die Messungen in EV anzeigen zu lassen - für Hasselblad-Fotografen ein unschätzbarer Vorteil. Auch die automatische Anzeige des Durchschnittswerts bei mehreren Messungen in Folge taugte mir. Weniger gefiel mir, dass ich im "Zonensystemmodus" die Zone V nur nach unten verlegen konnte, nicht hinauf, was für Diafotografie Umdenken erfordert. Nachdem ich mich ein paar Mal vertan hatte, ließ ich die Zonenmessung bleiben; wer weiß denn schon, welcher Punkt nun wirklich "Zone V" ist? Statt dessen ermittelte ich den dunkelsten und hellsten Punkt, schaute, wie viele Blenden sie auseinander lagen, und belichtete mehr in dieser oder jener Richtung, je nachdem was mir wichtiger schien. Der 1° Messwinkel war mir zuweilen zu eng, aber das ist kein großes Problem. Mehr schon vermisste ich die Möglichkeit, das gesamte Licht zu messen, sei es reflektiert oder einfallend. Die größte Schwäche des Spotmaster aber ist der hohe Energieverbrauch. Ein 9V Block reichte nie lang genug; ich wechselte auf Akkus und nahm auf Reisen stets zwei davon mit, musste aber jede Nacht einen nachladen. Insgesamt aber war ich mit dem Spotmaster sehr zufrieden: Der Spotmaster konnte (fast) alles, was ich von einem Belichtungsmesser erwarte, und mehr, und vieles von diesem Mehr blieb bei mir ungenutzt: Blitz- und Multiblitzmessung, Cine, Differenzmessung.

Ich hatte, was ich brauchte. Dennoch hörte ich nicht auf, Testberichte über andere Belichtungsmesser zu lesen. Heutzutage gibt es ja meines Wissens nur noch 4 Firmen, die professionelle Messgeräte erzeugen: Gossen, Minolta, Pentax und Sekonic. Als ich hörte, dass Sekonic im Frühsommer 2001 einen Nachfolger für den hoch geschätzten (und meiner Meinung nach überschätzten) L-508 auf den Markt gebracht hatte, den L-608, las ich die ersten Erfahrungsberichte und erfuhr, dass der größte Nachteil des L-508 korrigiert worden war: Der L-608 konnte nunmehr die Belichtungswerte im Sucher anzeigen, so wie ich es von meinem Gossen Spotmaster gewohnt war. (Ich finde es mehr als unpraktisch, bei der Messung durch ein optisches System einen Punkt anzuvisieren, dann die Messung auszulösen, und dann das Gerät absetzen zu müssen, um von einem LCD-Display an der Seitenwand das Messergebnis ablesen zu können. So ist der Alltag für L-508-Benutzer...) Und natürlich hatte er wie der "alte" 508 die Lumisphere für die Messung des einfallenden Lichts, das, was ich beim Spotmaster zuweilen vermisst hatte.

Zwar gefiel mir der neue Sekonic, aber ich rannte nicht gleich zum Händler, sondern wartete ab, ob ich ein gutes Angebot finden würde. Im Dezember 2001 war es soweit: Ich fand einen Demo L-608 bei der deutschen ebay; er stand einen Tag vor Auktionsende bei etwa dem halben üblichen Ladenpreis. Ich gab ein Maximalgebot ein und war mir sicher, den Sekonic zu kriegen. Aber während die Versteigerung endete, spielte ich mein wöchentliches Tennismatch, und als ich später wieder bei ebay reinschaute, sah ich, dass man mich weit überboten hatte: Mein Maximum waren € 650 gewesen, der Sekonic aber für mehr als € 100 mehr verkauft worden. (Immer noch 20-25 % unter dem Ladenpreis.)

Natürlich war ich enttäuscht. Aber ich konnte ja einfach auf das nächste Angebot warten. Einen Tag später prüfte ich Preise für etwas ganz Anderes beim englischen Händler Robert White, und schaute eher zufällig auch auf Sekonic. Ich traute meinen Augen nicht: Dort waren 319 Pfund plus Steuern ausgepreist, was insgesamt etwa € 615 ergab! Selbst mit Postgebühren war das immer noch weniger als ich bei ebay für ein Demomodell geboten hatte. Sofot bestellte ich online, und fünf Tage später war der Sekonic in meiner Hand.

Am nächsten Tag "spielte" ich mit dem Gossen und dem Sekonic Seite an Seite. Zuerst hatte ich beide behalten wollen, aber bald schon war mir klar, dass ich den Spotmaster entbehren konnte. Bei allen Testmessungen kamen die beiden Geräte zu fast identischen Ergebnissen, nur beim Messen direkt in starke Lichtquellen zeigte der Sekonic um 2-4 Zehntel geringere Werte als der Gossen. Das könnte an einer besseren Vergütung des optischen Systems liegen, aber ich weiß es nicht. Da ich aber die Tendenz habe, Gegenlichtaufnahmen leicht unterzubelichten, war mir klar, dass mir der Sekonic etwas hilfreichere Richtwerte als Anfangpunkt meiner Belichtungsreihen ins Gegenlicht geben konnte. Ein anderer kleiner Unterschied der beiden Geräte ist der Kreis, der im Sucher den Messpunkt anzeigt: Er ist beim Sekonic etwas größer, was heißen könnte, dass der Sekonic etwas mehr als 1° misst (oder der Gossen etwas weniger).

Der größte Unterschied aber war die Griffigkeit, und hier gewann der Gossen. Das satte Gefühl fehlt beim Sekonic. Ich bin den großen Griff und das tiefliegende Okular des Prismensuchers gewohnt, und es fühlte sich seltsam an, durch ein gerades Suchersystem zu schauen, wobei die Lumisphere des Sekonic sich gefährlich nahe vor der Stirn drehte, und weil man das Ding über den Einstelltasten umfassen muss, hatte ich Angst, irgend eine aus Versehen zu drücken. Nach ein paar Messungen hatte ich den Sekonic aber so weit "im Griff", dass ich keine der Tasten unversehens auslösen konnte; ich begann, mich an die seltsame Haltung zu gewöhnen. Und im Grunde durfte ich ja nicht damit rechnen, dass ein Belichtungsmesser, der mit 268g ein gutes Drittel weniger wiegt als der Spotmaster, dasselbe satte Gefühl vermitteln könnte. Ich begann umzudenken.

Gewicht ist natürlich ein schwerwiegendes Argument für den Sekonic. Wenn man wie ich schwere Kameras und Objektive schleppt, ist jedes Gramm, das man bei Peripheriegeräten spart, ein Gewinn. Auch die Größe ist wichtig, denn ich will meine komplette Ausrüstung beim Fliegen in meinem Fotorucksack mit an Bord nehmen. Die Abmessungen 90x170x48mm des Sekonic sind etwa gleich in der Breite, aber 4cm kürzer und 6mm weniger tief als der Gossen. Anders als den Gossen kann ich den Sekonic aufrecht in die Tasche stellen, und gewinne relativ viel Platz in meinem Lowe Pro Photo Trekker.

Nach diesen Tests und Überlegungen beschloss ich: Ein Belichtungsmesser ist genug. So verkaufte ich den Spotmaster auf ebay.

 

 

Litztes Update Jänner 2002, © Günter K. Haika